Euro-Banknoten | Bildquelle: pixabay.com

"Raus aus den Policen":

Ex-Manager warnt vor einem Crash der Lebensversicherungen

Stand: 10.01.18 17:44 Uhr

Ein langjähriger Versicherungsmanager ruft die Deutschen dazu auf, ihre Lebensversicherungen zu kündigen. "Raus aus den Policen!", sagt Sven Enger in einem Gespräch mit dem Magazin stern, es drohe ein "Crash" der Lebensversicherung und eine "massenhaften Kapitalvernichtung".

Enger hat 23 Jahre lang in der Branche gearbeitet, zuerst beim Deutschen Ring, später war er Vertriebsdirektor bei Delta Lloyd, Vorstand der Skandia Lebensversicherung und Deutschland-Geschäftsführer von Standard Life. In einem Buch ("Alt, arm und abezockt"), das am 12. Januar erscheint, rechnet er nun mit Vertretern und Vorständen ab.

Für seine düstere Prognose sieht Enger zahlreiche Anzeichen: Viele Firmen hätten den Vertrieb von klassischen Lebensversicherungen ganz eingestellt. Millionen Policen sollten durch den Verkauf an Abwicklungsfirmen kalt entsorgt werden. "Die Sparer landen hier auf der Müllkippe der Versicherungsindustrie", so der Ex-Manager. Vor allem aber: "Die einst versprochenen Renditen lösen sich in Luft auf." In Prognoserechnungen seien beim Versicherungsabschluss einst Überschussbeteiligungen von sechs, sieben oder acht Prozent in Aussicht gestellt worden. "Das ist alles nicht mehr haltbar", sagt Enger. Inzwischen ist die durchschnittliche Verzinsung von Lebensversicherungen auf rund 2,5 Prozent gefallen. Enger erwartet, dass viele Unternehmen auch den Garantiezins, der für ältere Verträge zum Teil noch bei vier Prozent liebt, nicht mehr erwirtschaften können. Wenn es hart auf hart komme, könne die Finanzaufsicht die Verzinsung herabsetzen. "Für einige Firmen wird der Absturz nicht abzuwenden sein", so der Ex-Manager wörtlich. Die Auffanggesellschaft Protektor sei überfordert, wenn ein großes Unternehmen in die Knie gehe.

Scharfe Kritik übte Enger an seinen ehemaligen Manager-Kollegen: "Alle haben gesehen, was auf die Branche zukommt, und doch hat kaum einer reagiert." Dem Problem der sinkenden Überschussbeteiligungen habe man sich nicht gestellt, die Kosten nicht verringert, vor allem nicht die für den Vertrieb. Es sei alle immer weiter nach dem Motto gelaufen: "Ich hole rein, was geht, ich bin neugeschäftsgeil". Es seien "extreme Belohnungen" gegeben worden, die letztlich von den Beiträgen der Kunden bezahlt worden seien. Versicherungsleute hätten sich etwa damit gebrüstet, "dass man den kompletten Champagner-Vorrat eines Kreuzfahrtschiffes ausgetrunken habe". Er selbst sei erst spät ins Nachdenken gekommen: "Heute fühle ich nicht wohl damit, was alles mit den Kundengeldern passiert ist."

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