Eulengarten | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Mögliches Gewerbegebiet auf dem Eulengarten: Stadt und Betroffene geben Antworten

Stand: 15.11.22 16:09 Uhr

Die Pferdepension Eulengarten gibt es schon seit über 20 Jahren. Zahlreiche Pferde und auch andere Tiere sind auf dem Hof von Solveigh Fuchs zu Hause. Aber das könnte sich in Zukunft ändern: Laut der Stadt Reutlingen könnte auf den Koppeln der Pferdepension Gewerbe entstehen. Aber wie realistisch sind diese Pläne? Wir haben mit den Betroffenen und der Stadt Reutlingen gesprochen.


Grüne Wiesen soweit das Auge reicht, Spaziergänger und Radfahrer, die die Natur genießen und hin und wieder taucht sogar ein Wildtier auf. Mittendrin: Die Pferdepension Eulengarten von Solveigh Fuchs. Auf ihrem Hof bei Degerschlacht gibt es vor allem Pferde, aber auch Esel und Kleintiere.

Doch der kleine Hof könnte vor einem großen Problem stehen: Auf den Pferdekoppeln könnte die Stadt Reutlingen Gewerbe bauen.

"Für mich wäre es das Ende. In dem Moment, in dem gebaut wird, ist der Hof für mich Geschichte, weil ohne Koppeln kann ich keine Pferde halten. Das geht einfach nicht. Die Koppeln sind von der Größe her gerade noch in Ordnung, deswegen ist es auch nicht möglich, wenn nur ein Teil der Koppeln fehlen würde", erzählt Inhaberin Solveigh Fuchs.

Die rechtliche Lage ist eindeutig: Das Grundstück vom Hof gehört ihr, aber die Flächen der Koppeln sind Stadteigentum.

Auf ihrem Hof hält sie Pferde, die anderen Leuten gehören und hier nur untergebracht sind. Aber auch Gnadenbrotpferde, die zu ihr kamen, weil sie in ihrem alten zu Hause nicht mehr bleiben konnten, leben auf dem Hof. Täglich gibt es hier Reitunterricht, vor allem für Kinder und Jugendliche.

Außerdem bietet der Eulengarten tiergestützte Angebote für psychisch kranke Menschen an: "Die kommen hierher und dann besprechen wir, wie es ihnen geht. Danach suchen wir das Tier aus, das zu den Menschen passt, putzen es und gehen eine Runde spazieren", so Gudrun Votteler. Sie ist zuständig für das therapeutische Angebot des Eulengartens.

Die Betroffenen wünschen sich, dass es das Angebot des Eulengartens auch in Zukunft geben wird.

Laut Oberbürgermeister Thomas Keck sei noch gar nicht entschieden, ob das Gewerbegebiet überhaupt komme. Fakt sei aber: Städte müssten sich unter anderem aus der Gewerbesteuer finanzieren. Deswegen müsste man versuchen, möglichst viel Gewerbe und Industrie anzusiedeln.

Oberbürgermeister Keck: "Wir brauchen das, um unsere Infrastruktur finanzieren zu können, wie z.B. Schulen und Kindergärten. Alle wollen einen ordentlich gestalteten Marktplatz, eine Innenstadt mit hoher Aufenthaltsqualität, alle wollen Musik, Theater etc. Das sind alles Dinge, die man finanzieren muss und dazu brauchen wir Steuereinnahmen."

Ganz nachvollziehen könne Inhaberin Fuchs das aber nicht: "Mir wurde von einer Seite geschrieben, die Stadt müsse Gewerbesteuern kassieren, um Sportstätten für Kinder und Kitas zu bauen. Wenn man dafür aber andere Erholungsgebiete einfach dem Erdboden gleichmacht, dann ist das irgendwie das Pferd von hinten aufgezäumt."

Aber Oberbürgermeister Keck gibt erstmal Entwarnung: Zuerst müsse der Gemeinderat Anfang nächsten Jahres darüber beraten. Der endgültige Beschluss des Flächennutzungsplans werde sogar noch Jahre dauern. Ob, wann und inwiefern die Fläche in Richtung Gewerbe entwickelt wird, stünde heute noch gar nicht fest.

Außerdem sei Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern dicht besiedelt, so Keck weiter. Deswegen würde es immer weniger freie Flächen geben.

"Das kann aber nicht bedeuten, dass wir jegliche Bautätigkeiten einstellen, denn dann gehen wir in kurzer Zeit, überspitzt gesagt, wieder mit Pfeil und Bogen auf die Jagd. Deshalb müssen wir Brachflächen neu erschließen. Wir dürfen aber nicht so weit gehen, dass wir unsere Grünflächen in der Stadt und unsere Frischluftschneisen zubauen. Denn dann werden sich die Städte weiter erhitzen, die Lebensqualität wird abnehmen und das Leben in der Stadt unattraktiv werden. Es ist ein Stück weit der Ritt auf der Rasierklinge", so Keck.

Und wie dieser Ritt in Bezug auf den Eulengarten ausgeht, wird sich erst in Zukunft zeigen. Bis dahin hat Solveigh Fuchs ein Statement auf ihrer Website veröffentlicht, in dem sie zur Situation Stellung nimmt. Außerdem hat sie eine Online-Petition gestartet, die schon knapp 3000 Leute unterschrieben haben.

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