Plakat der ersten Reutlinger Mundartwochen 1976 | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen:

Ade, das war's! - Mundartwochen verabschieden sich

Stand: 28.03.23 15:51 Uhr

Ob Bayerisch, Hessisch oder Fränkisch, Plattdeutsch, Österreichisch oder Schwyzertytsch und natürlich allen voran Schwäbisch: Es gibt wohl keine deutsche Mundart, die noch nicht bei den Reutlinger Mundartwochen vertreten war. Seit 1976 lud Mundart-Dichter Wilhelm König schon 46-mal dazu ein. Und gekommen war von Gerhart Polt und Gerd Dudenhöffer über Bruno Jonas und Christoph Sonntag bis zu Michael Mittermeier und Dodokay alles, was in der Mundartszene Rang und Namen hat. Doch jetzt ist Schluss. Die Mundartwochen von 2022 werden die letzten bleiben.


Von Anfang waren die Reutlinger Mundarttage ein Erfolg. Los ging es im Jahr 1976. Damals lasen fünf Autoren aus ihren Werken. Überhaupt: Bei den ersten Mundart-Wochen standen Autorenlesungen im Vordergrund. Die moderne Mundart-Dichtung war in den fünfziger Jahren in Wien entstanden. Andere Regionen waren darauf aufgesprungen, doch Schwaben war noch in den siebziger Jahren hintendran.

"Das Schwäbische wurde insofern wahrgenommen, dass es keine Entwicklung gibt. Und das hat mich herausgefordert. Gesagt: Ich habe die internationale Erfahrung, bin da romkomma in allen deutschen Regionen, ich habe gesagt: Ich will das nach Reutlingen holen, da, wo ich wohne, ins Schwäbische holen", sagte Wilhelm König.

Ab den neunziger Jahren gewann das Kabarett immer mehr die Oberhand. Und es kamen große Namen nach Reutlingen: Einer der Höhepunkte war 2005, als Emil Steinberger und Gerhart Polt mit seinen Biermösl Blosn auftraten. Im selben Jahr fand auch eine Asterix-Ausstellung in der Stadtbibliothek statt. Denn dem Gallier hatten verschiedene Autoren beigebracht, in Mundart zu schwätzen.

Doch auch so manche Neuentdeckung kam noch Reutlingen, und einige heute bekannte Namen wie Christoph Sonntag hatten dort schon als unbekannte Neulinge eine Bühne. Wilhelm König nannte außerdem noch Michael Mittermeier und Bruno Jonas, die in Reutlingen ihre ersten Auftritte außerhalb ihrer eigenen Mundart-Regionen hatten. "Die haben uns bestätigt, dass es richtig ist, Leute von außerhalb reinzuholen", sagte König.

Doch eines blieb in all den Jahren eine Konstante: Wilhelm Königs eigene Lesungen, zuletzt unter dem Motto „Wein und Wort" im Rahmen einer Weinprobe. Diese Veranstaltung soll es auch weiterhin geben – dann allerdings nicht mehr unter dem Label „Reutlinger Mundartwochen".

"Wir setzen die Veranstaltungen fort, von denen wir glauben, dass wir ein kleines Publikum doch erreichen – auch altersübergreifend", sagte König. "Und die Reutlinger Mundartwochen waren immer fünf, sechs Veranstaltungen – bis acht haben wir schon mal gehabt. Und das traue ich dem Publikum nicht mehr zu und mir selber auch nicht."

Doch bis zuletzt waren die Reutlinger Mundartwochen noch ein Erfolg, auch wenn das Publikum immer älter geworden war. "Ich blicke sehr positiv zurück und bin auch sehr zufrieden und glücklich, dass wir diesen erfolgreichen Abschluss haben", sagte Manuela König. "Dass man nicht sagen muss, oh, jetzt langsam hängt es einem zum Hals raus, auch von Publikumsseite her, sondern dass man einfach noch in einem gewissen Höhepunkt diesen Abschluss geschafft hat."

Die Reutlinger Mundartwochen sind jetzt Geschichte. Die Mundartveranstaltungen in Reutlingen insgesamt noch lange nicht.

WERBUNG:



Seitenanzeige: