Podiumsdiskussion beim GSA Gesundheitsfestival | Bildquelle: RTF.1

Reutlingen-Sondelfingen:

Sport als Hilfe bei Krebserkrankungen

Stand: 18.09.23 18:03 Uhr

Es sind erschreckende Zahlen, die aufhorchen lassen: Fast jeder Zweite in Deutschland erkrankt im Laufe seines Lebens an Krebs. Das Risiko für Frauen liegt bei über 42 Prozent. Bei Männern ist es mit über 47 Prozent sogar noch höher. Genetische Faktoren spielen dabei ebenso eine Rolle wie die eigene Lebensweise. Doch selbst wenn Sport einer Erkrankung nicht wirklich vorbeugen kann, so kann er doch dabei helfen, diese besser zu überstehen. Sport vor, mit und nach einer Krebserkrankung war beim GSA Gesundheitsfestival in Reutlingen-Sondelfingen jetzt das Thema.


Krebs kann jeden treffen! Denn genetische Risikofaktoren, erläutert Angela Huster, Leitende Oberärztin an der Medizinischen Klinik I in den Kreiskliniken Reutlingen, lassen sich nicht beeinflussen. Darum ihre tägliche Herausforderung im Job: "Diese Akutsituation. Dass die Menschen aus dem Nichts heraus mit so einer lebensbedrohlichen Diagnose konfrontiert werden und man die – ja – wieder auffangen muss und gemeinsam eben einen neuen Weg plant."

"Warum hat es mich getroffen?" - eine häufige Frage, die sich schwerlich beantworten lässt. Obwohl manchmal doch gewisse Indizien da seien. "Man kann das Risiko senken: Sport, nicht rauchen, gesunde Ernährung," so Huster.

"Bewegung gehört zu unserem Leben dazu, egal ob wir erkrankt sind oder nicht. Unser Körper ist auf Bewegung angewiesen, um gesund zu bleiben oder auch wieder gesund zu werden," fügt Prof. Joachim Wiskemann, Onkologische Sport- und Bewegungstherapie Uniklinik Heidelberg, hinzu. Darum sei es gerade für Krebspatienten besonders wichtig, sich möglichst schon vor Beginn einer onkologischen Therapie, erst recht aber währenddessen und danach, ausreichend zu bewegen.

"Unser Körper wird aktiviert, er aktiviert Regenerationspotenziale die ganz wichtig sind um die Nebenwirkungen, die durch die Therapie entstehen, zu reduzieren. Und das ist wahrscheinlich der wichtigste Mechanismus," erklärt Wiskemann. "Beispielsweise das Immunsystem. Das Immunsystem wird ganz direkt durch körperliche Aktivität getriggert, es wird aktiver und dadurch werden sehr wahrscheinlich besser Tumorzellen gefunden, besser Tumorzellen in der Form zerstört und dadurch hat man einen positiven Einfluss auf die Krebserkrankung." Das wiederrum bedeutet für den Patienten mehr Lebensqualität. Allein um die Motivation ist es in einer solchen Situation oft nicht zum Besten bestellt. Leidet sie doch häufig bereits im normalen Alltag gesunder Menschen.

Benjamin Hägele von der GSA Gesundheitssportakademie rät: "In allererster Linie würde ich als Tipp sagen, setzt euch doch bitte einmal hin und überlegt, ob euer momentaner Körperzustand euch wirklich gut tut, ob ihr damit zufrieden seid. Ob es Sachen gibt, die euch stören, ob es Sachen gibt, die euch in eurer Lebensqualität beeinträchtigen und wenn das der Fall ist, dann überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre mit einer kleinen Änderung, was die Aktivität angeht - das fängt schon damit an, dass ich keine Rolltreppe oder keinen Aufzug fahre, sondern die Treppen steige – nicht doch einen erheblichen Benefit erreichen könnt."

Auch mit dem Infusionsständer, an dem die Chemotherapie hängt, lässt es sich über den Gang spazieren, erklärt Daniela Koch-Vogel, Pflegeexpertin in der Onkologie an den Kreiskliniken Reutlingen ihren Patienten. Sie sieht sich als sogenannte "Breast Care Nurse" in ihrem Arbeitsalltag aber noch mit anderen Herausforderungen konfrontiert.

"Wenn jetzt eine Patientin eine Brust abgenommen bekommt, weil man den Tumor nicht nur rausnehmen konnte und man die Brust entfernen muss, dann macht das ja wieder etwas mit einer Patientin, wie entfernen ein Körperteil und die Frau steht dann da und hat eine fehlende Brust, da reicht es nicht einfach zu sagen, "das ist jetzt halt so, sie müssen nach Hause gehen und sich mit der Situation abfinden", das braucht viel Einfühlungsvermögen."

Das eigene Körperbild hat einen großen Einfluss auf die Psyche – genau wie auch Bewegung. Sport lenkt ab, hilft beim Abbau von Stresshormonen und lässt die Menschen insgesamt positiver denken – so erleben es die Experten in ihrem Berufsalltag.

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