Verletzer Mäusebussard | Bildquelle: NABU Grafenberg

Grafenberg /Metzingen:

Kein Feiertag für gequälte Kreaturen - Mäusebussard durch Stacheldraht schwerstverletzt

Stand: 02.09.22 19:04 Uhr

Von Stefan Klarner & NABU | "Herr Thüringer hier bei uns ist ein verletzter Bussard der im Zaun hängen geblieben", Dieser Anruf erreicht den Artenschutzexperten Helmut Thüringer am Samstagnachmittag. Denn, so Thüringer: "Naturschutz kennt bekanntlich keine Feiertage". In der Nähe der Baumschule Handel war der Bussard entdeckt worden. Von dort wurde auch Thüringer alarmiert. Mit Kollegin Steffi Handel fuhr er dann den Fundort an. Dort fanden die beiden dann den Bussard innerhalb des Grundstücks hinter dem Zaun liegend.

"Reglos wie er da lag schien er bereits tot zu sein." erzählt Thüringer später. Nachdem Thüringer ihn aber mit sicherem Griff vorsichtig unter dem Zaun herausgeholt hatte zeigte es sich wie widerstandsfähig die Natur doch ist: " Der Bussard lebte noch."

Schlimmste Verletzungen durch Stacheldraht

"Doch nun kam das Erschreckende", erzählt Thüringer weiter: "Als ich den Findling sofort vor Ort untersuchte, sahen wir das Malheur: Der linke Flügel war zu einem Viertel bis auf die Knochen aufgerissen wie wenn ein Stück Haut und Fleisch herausgeschnitten worden wäre. Mücken und Maden hatten sich dort bereits breit gemacht."

Der Grund für diese immense Verletzung hing über ihnen: Im Stacheldraht,  der im Abstand von ca. 20 cm verlief, hing noch der makabere Rest des Bussards: Ein Büschel Federn,Haut und Fleisch.

"Beim An- oder Abflug der nahen Obstbäume war er zu knapp über den Stacheldraht geflogen", sagt Thüringer: "Eventuell haben ihn auch noch einige Krähen attackiert und er war etwas irritiert. Er muss mit seinem Flügel an den versetzt angebrachten Stachelenden des Stacheldrahtes hängen geblieben sein.

Keine Chance mehr für den Bussard

Durch seine heftigen Bewegungen hätten sich diese dann noch tiefer in das Fleisch geschnitten: "Heftiges Flattern und Befreiungsversuche, dem hielt dann das Gewebe nicht mehr stand und riss aus", analyisiert Thüringer den Hergang. Wie lange der schwerverletzte Bussard dort leiden musste, kann der Naturschutzexperte nur vermuten.: "Dem Wundzustand nach mindestens 2- 3 Tage."

Thüringer transportierte den Bussard  deshalb schnellstens nach Hause: "Um ihn von seinem Leiden zu erlösen. Den letzten Dienst den ich so einer gequälten Kreatur anbieten kann, ihren Leidensweg schnell zu beenden."

Keinen Stacheldraht mehr verwenden - Wecken Sie die Bevölkerung aus ihrem Dornröschenschlaf

Die Unsitte des Stacheldrahtes in der freien Landschaft herrsche leider immer noch vor, sagt Thüringer. Und er sagt: "Doch wovor soll dieser schützen?" In Zeiten von Bolzenschneidern könne davon kein Einbrecher abgehalten werden. Aber: " Für unzählige Tieren bedeutet der Stacheldraht schwerste Verletzungen."

Thüringer mahnt eindringlich, keinen Stacheldraht mehr zu verwenden: "Vögel wie hier der Bussard reißen sich auf, viele Rehe auf der Flucht haben sich schon schwer verletzt. Denn selbst in Privatwäldern und am Waldrand wird Stacheldraht gefunden, ebenso wie an manchen Viehweiden. Diese gefährliche Einzäunung gehört aus der Landschaft verbannt und rigoros ohne Ausnahme verboten. Zum Schutz unserer heimischen Fauna."

Daran lässt Thüringer keinen Zweifel. Und er sagt zu uns, den Journalisten: "Ich bitte Sie als Verantwortliche, hier dagegen vorzugehen! Ich bitte Presse und TV um entsprechende Berichterstattung. Um die Bevölkerung hier aufzuschrecken und aus dem "Stacheldraht-Dornröschenschlaf" zu wecken."

Dringend bezahlte Rangerstelle schaffen

Ein weiterer Tag seiner Freizeit, den Thüringer dem Tier- und Artenschutz geopfert hat. Das in seiner Freizeit zu tun, fällt dem engagierten Artenschützer aber zunehmend schwerer.

Eigentlich - , sagt Thüringer in den letzten Monaten immer wieder, eigentlich müsse für seine zeitlich so umfangreiche Tätigkeit im Biosphärengebiet Schwäbische Alb dringend und rasch eine bezahlte Rangerstelle geschaffen werden. Er wisse nicht, wie lange er das noch ehrenamtlich durchhalten könne.

 


 

Der Artikel wurde von Stefan Klarner (Wissenschaftsredaktion) verfasst, unter Verwendung einer NABU-Dokumentation

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