Erst 1954 kam der junge Ryszard Kapuscinski mit dem Buch in Berührung – und es erwies sich als Erleuchtung. Da war einer – von Neugier und Wissensdurst getrieben – aufgebrochen, die Grenzen der bekannten Welt auszuloten, mit eigenen Augen zu sehen und mit eigenen Ohren zu hören, oder sich wenigstens von Augenzeugen berichten zu lassen, was sich auf der Welt zugetragen hat. Herodot war kein Händler, Spion, Diplomat oder Tourist, sondern - wie später auch Ryszard Kapuscinski - Reporter, Anthropologe, Ethnograph und Schriftsteller. Ryszard Kapuscinski erzählt, wie er mit Herodot nach Afrika, Asien und in Europa reist, was er an den Stellen findet, von denen einst der alte Grieche schrieb, welche Konflikte von heute ihre Wurzeln schon damals hatten und wie die Überlieferung menschlicher Geschichte funktioniert.
In den 'Reisen mit Herodot' versetzt Kapuscinski seine Leser zweieinhalb Jahrtausende zurück, bleibt dabei aber gleichzeitig in der Gegenwart. Es schafft es, die Zeit aufzuheben und Herodot als den Erfinder der Reportage in Bezug zu dem Reporter des 20. Jahrhunderts zu setzen. Dabei zeigt er auf, wie Geschichte fortwirkt und sich in der Gegenwart manifestiert, aber auch, dass Geschichte durch die Vermischung von Tatsachen, subjektiven Empfindungen und Mythen geschrieben wird.